Verein weGErecht weist auf mangelhaftes Verwaltungshandeln und Behördenversagen der Stadt hin
Erneut hat die Stadt Darmstadt bekräftigt, zugeparkte Gehwege weiterhin zu tolerieren. Der Verein weGErecht weist darauf hin, dass diese Tolerierung rechtswidrig erfolgt und fordert die Stadt auf, ihr Verwaltungshandeln anzupassen.
„Parken auf Gehwegen ist kein Kavaliersdelikt, sondern für viele Menschen eine echte Gefahr und Einschränkung ihrer Mobilität. Genau die Menschen, die in besonderer Weise gerade auf das zu Fuß gehen angewiesen sind, leiden enorm unter dem Parken auf Gehwegen. Insbesondere Kinder, alte und mobilitätseingeschränkte Menschen sind betroffen, wenn Bordsteinabsenkungen und Sichtbereiche an Kreuzungen zugeparkt sind oder der Gehweg nicht mehr mit dem Rollstuhl oder dem Kinderfahrrad befahren werden kann – von Begegnungen mit anderen Passanten mit und ohne Kinderwagen bzw. Mobilitätshilfe ganz zu schweigen“, so Hans-Michael Hönig, einer von zwei Vorstandssprechern des Vereins weGErecht und selbst auf einen Rollstuhl angewiesen.
„Die auch durch die Aussagen des Pressesprechers im Darmstädter Echo vom 16. Januar 2017 fortgesetzte offizielle Billigung des Parkens auf Geh- und Radwegen ist rechtswidrig“, stellt Stephan Voeth fest, der das Sprecherduo von weGErecht komplettiert. „Zwar steht der Ordnungsbehörde nach Hessischem Gesetz über öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) ein Ermessenspielraum zu, ob und wie sie ahndet – das so genannte Opportunitätsprinzip. Allerdings muss Sie im Rahmen der Ermessensausübung eine Vielzahl von Aspekten beachten, insbesondere übergeordnete Rechtsvorschriften als ermessenslenkende Vorschriften“, erläutert Voeth.
„Zu diesen ermessenslenkenden Vorschriften gehört auch die vom Bund erlassene Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung, in der festgelegt ist, dass auf dem Gehweg mindestens ein Begegnungsverkehr von zwei Rollstühlen oder Kinderwagen möglich sein muss. Und das ist nur die Mindestforderung. Grundsätzlich hat nach Straßenrecht der dort stattfindende fließende Verkehr (zu dem auch der „gehende“ Verkehr gehört) Vorrang vor dem ruhenden Verkehr. Das bedeutet konkret, dass bei einem höheren Fußverkehrsaufkommen auch die sich daraus ergebenden Bedürfnisse an die Gehwegbreite bevorzugt zu befriedigen sind und erst dann überhaupt über Parken auf dem Gehweg nachgedacht werden darf. Durch die Änderung der Straßenverkehrsordnung bezüglich des begleitenden Radfahrens auf dem Gehweg haben sich die Anforderungen an die Tolerierung des Gehwegparkens zudem jüngst unzweifelhaft verschärft“, so Voeth weiter. „Die aktuelle Ahndungspraxis der Stadt ist ein gravierender Ermessensfehlgebrauch und daher rechtswidrig“, unterstreicht Voeth.
Die Vertreter von weGErecht sehen aber auch noch weitere rechtliche Probleme im Handeln der Stadt: „Der Pressesprecher der Stadt Darmstadt lässt sich mit der sinngemäßen Aussage zitieren, dass‚ es aus pragmatischen Gründen eine gewisse Toleranz gebe. Es gebe einfach zu viele Falschparker, als dass man alle ahnden könne‘. Die Stadt gibt damit unumwunden zu, dass sie organisatorisch nicht in der Lage ist, geltendes Recht wirksam durchzusetzen“, stellt Hönig fest. „Eben dies muss die Stadt für die ihr vom Land übertragene Aufgabe der örtlichen Ordnungsbehörde aber sicherstellen. Andernfalls liegt ein Behördenversagen vor“, erläutert Hönig.
„Wir fordern den Oberbürgermeister als Ordnungsbehörde gemäß HSOG daher nachdrücklich auf, das illegale Handeln der Ordnungsbehörde endlich zu beenden und Fußgänger und insbesondere Kinder sowie alte und mobilitätseingeschränkte Menschen wirksam vor Gefahren und Mobilitätsbeschränkungen durch falsches Parken zu schützen“, so Hönig und Voeth abschließend.