Verein weGErecht kritisiert geplante Änderung der Stadt
Einzelhändler in Darmstadt freuen sich über die Rückkehr von genehmigungs- und kostenfreien Warenauslagen. Für Mobilitätseingeschränkte und andere Fußgänger bedeuten sie aber häufig eine massive Beeinträchtigung, kritisiert der Verein weGErecht.
Mit gemischten Gefühlen hat der Verein weGErecht die Nachricht aufgenommen, dass die Stadt Darmstadt gemäß Magistratsbeschluss vom 15. März 2017 für Bereiche außerhalb der Innenstadt auf Genehmigungen für Warenauslagen verzichten will, die unabhängig von der Breite des Gehwegs nicht weiter als 60 cm ab Hauswand auf diesen ragen. „Verkaufsauslagen vor Geschäften engen den häufig ohnehin dürftigen Platz auf den Gehwegen weiter ein. Je nach Örtlichkeit auch in einem Maße, dass ein unbehinderter Verkehr für den Fußverkehr nicht mehr möglich ist“, so Michael Hönig, selbst auf einen Rollstuhl angewiesen und Vorstandsmitglied von weGErecht.
„Die von der Stadt geplante Genehmigungsfreiheit für die Einzelhändler ist genau deshalb hochproblematisch“, erläutert Stephan Voeth, ebenfalls Vorstandsmitglied.
„Gemäß dem hier anzuwendenden Hessischen Straßengesetz (§ 16) sollen Sondernutzungen nicht genehmigt werden, wenn die verkehrliche Nutzung der Straße – der sogenannte Gemeingebrauch – für behinderte Menschen hierdurch erheblich beeinträchtigt würde“, so Voeth weiter. „Die jetzt von der Stadt Darmstadt geplante Regelung würde die Rechte von Behinderten und von den vielen anderen mobilitätseingeschränkten Personen der Beliebigkeit preisgeben“, bilanziert Hönig.
Die Vertreter von weGErecht fordern daher, die Genehmigungspflicht beizubehalten. „Es ist aus unserer Sicht nicht erklärlich, wieso die Stadt weiter an der Genehmigungspflicht für Werbeaufsteller („Kundenstopper“) festhält und gleichzeitig die Genehmigungspflicht für Warenauslagen aufhebt. Denn beides kann den Fußverkehr erheblich behindern“, stellt Voeth fest. „Die in der Satzung ebenfalls neu vorgesehene Möglichkeit zur nachträglichen Einschränkung entsprechender Auslagen verlagert einmal mehr die Konflikte auf die Straße und erfordert von den Betroffenen aktives Einfordern ihrer Rechte. Dieser Rückzug der Stadt aus der Gefahrenabwehr ist aus unserer Sicht inakzeptabel“, so Voeth weiter.
Hintergrund
§ 16 Hessisches Straßengesetz (HStrG) – Sondernutzung
(1) 1Der Gebrauch der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf der Erlaubnis der Straßenbaubehörde. 2Die Erlaubnis soll nicht erteilt werden, wenn behinderte Menschen durch die Sondernutzung in der Ausübung des Gemeingebrauchs erheblich beeinträchtigt würden.
(2) 1Die Erlaubnis darf nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. 2Bedingungen und Auflagen sind zulässig. 3Eine auf Zeit erteilte Erlaubnis kann widerrufen werden, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert.
(3) 1Der Erlaubnisnehmer hat dem Träger der Straßenbaulast alle Kosten zu ersetzen, die diesem durch die Sondernutzung zusätzlich entstehen. 2Hierfür kann der Träger der Straßenbaulast angemessene Vorschüsse und Sicherheiten verlangen.
§ 37 Hessisches Straßengesetz (HStrG) – Sondernutzung an Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen
Die Gemeinden können den Gebrauch der Landes- und Kreisstraßen innerhalb der Ortsdurchfahrt sowie der Gemeindestraßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) abweichend von den Bestimmungen des § 16 durch Satzung regeln.